Auf der Märzfahrt 2015 waren wir das erste Mal in Cojocna. Den Kontakt erhielten wir von der Initiative Rumänien aus Berlin. Am Rande des Ortes, gleich neben der orthodoxen Kirche, steht das Pfarrhaus von Priester George. Da George während seines Theologie-studiums ein Jahr in Deutschland war, spricht er sehr gut deutsch. Zu seinem christlichen Verständnis zählt für ihn nicht nur, dass er sich als Pfarrer um seine Gemeinde kümmert, sondern auch um 2 Romasiedlungen in seinem Einzugsbereich. Damit stößt er nicht nur auf Verständnis und Unterstützung. Wir konnten uns bei unserem ersten Besuch die Romasiedlung, in der die Not am größten ist, ansehen. Man könnte annehmen, dass wir uns auf unseren vielen Fahrten an die Not der Menschen gewöhnt haben, aber es trifft uns jedes Mal wieder gewaltig. Auch dieses Mal, besonders weil es so viele Menschen sind, die unter Bedingungen leben, die in Europa nicht vermutet werden. Teilweise leben bis zu 8 Menschen in einer Hütte von 9 qm, die bei uns noch nicht einmal als Schuppen taugen würden. Das, was ein Dach sein soll, sind Reste von verwitterten Schindeln, etwas Blech und zerrissene Plastikbahnen, die nicht verhindern, dass der Regen im Inneren die alten Matratzen aufweicht und schimmeln lässt. Der Lehm an den Außenwänden wird vom geringen Dachüberstand nicht geschützt und löst sich ständig auf.

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Zuerst halfen wir einzelnen Familien in der Siedlung, die uns besonders be­dürftig erschienen oder die uns vermittelt wurden. So dämmten wir einer jun­gen Familie kurz vor dem Winter die Bretterhütte, in die der Wind durch finger­breite Ritzen blies, mit Folie, Styropor und Sperrholz. Andere bekamen Öfen, Fenster, Türen. Begehrt waren auch Wellblechplatten um die maroden Dächer notdürftig abzudichten. Um noch intensiver zu helfen, planten wir, für 2-3 be­sonders bedürftige Familien kleine, einfache, feste Häuser zu bauen. In langen Gesprächen mit George, oft bis tief in die Nacht, machte er uns klar, dass da­mit eine gerechte und sinnvolle Hilfe kaum möglich ist. Es gibt einfach zu viele bedürftige Familien dort, und durch die Unterstützung einzelner entsteht bei den vielen anderen Neid und Unzufriedenheit. Auch unser schwieriges Ziel der Hilfe zur Selbsthilfe erreichen wir nicht, wenn man den Menschen einfach ein fertiges Haus hinstellt.

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Aber Pfarrer George hat noch viel mehr geplant. Eine Romafamilie, der es relativ gut geht, hat ein Grundstück gestiftet. Auf diesem soll in den nächsten Jahren ein Sozialzentrum entstehen. Hier soll es Duschen, Toiletten, Möglichkeiten zum Wäsche waschen und einen Raum geben, in dem die Kinder z.B. Hausaufgaben für die Schule anfertigen können. Dieses große Projekt lässt sich nur gemeinsam verwirklichen. Wir werden dabei mit der Initiative Rumänien aus Berlin und der Stadt Cojocna zusammenarbeiten. Ein Fundament, die Steine für die Außenwände und ein Dach sind schon sicher finanziert. Aber vieles fehlt noch. So brauchen wir dringend Geld für Sanitärmaterial, für die Elektroinstallation, für die Heizung und die Waschmaschinen.

George Rednic will dieses Zentrum gemeinsam mit den Menschen aus der Siedlung errichten. Es ist nicht einfach, Menschen die schon lange keine Hoffnung mehr haben, für die Arbeit am Zen­trum zu motivieren. Ein Schlüssel für ihn sind dabei die Kinder. Sie sind schnell zu begeistern und haben noch nicht resigniert. So hat er auf dem Gelände für das Sozialzentrum als erstes einen kleinen Spielplatz errichtet. Die Freude beim Spielen und das Glück der Kinder wirkt sich nun schon auf die ganze Siedlung aus. Auch hat er mittlerweile ein beeindruckendes Netzwerk von Helfern aufgebaut. Mehrere Firmen, der Bürgermeister und Einzelpersonen unterstützen ihn dabei nicht nur mit Material und Geld, sondern auch beim Kontakt zu Behörden.

George ist für uns mittlerweile zum Freund geworden, dessen tiefer Glaube und fester Wille gepaart mit Pragmatismus und Arbeitseifer uns immer wieder mitreißt. Der Plan für das Zentrum ist mittlerweile noch größer und umfangrei­cher geworden und nun im Jahre 2016 wurde der Bau begonnen. Ein Fundament ist gegossen und weitere Arbeiten sind geplant. Der Winter wird eine Zwangspause fordern, aber im nächsten Jahr wird es weiter gehen. Besonders wichtig sind dabei die Geldspenden, die schon sehr viel geholfen haben. Denn wenn auch viel Material gespendet wird braucht es immer wieder Geld für besonderes Ma­terial, für Technik oder für handwerkliche Fachkräfte. Wer das Projekt So­zialzentrum in Cojocna gezielt mit einer Geldspende unterstützen möchte, gibt bitte beim Verwendungszweck „Cojocna“ an.

Im Jahre 2017 hat das Projekt weitere Fortschritte gemacht. Vom 5. bis 11.August war eine kleine Handwerkerbrigade von unserem Verein vor Ort und hat 3 Tage lang im Kellergeschoss beim Innenausbau aktiv geholfen. Christoph und Michael (beide Elektriker) kümmerten sich um die Kabelstränge und bereiteten die Deckenbeleuchtung vor. Joachim und sein Helfer Walter installierten einen Holzheizkessel (24 KW), mauerten den Schornstein und brachten 8 Heizkörper in den Kellerräumen an. Das gesamte Baumaterial war aus Potsdam mitgebracht worden.

Die Mitstreiter aus Potsdam hatten auch Gelegenheit zu erleben, wie Georgel jetzt, während der Sommerferien und der russ. orth. Fastenzeit (01.08. – 15.08.),  in den frühen Abendstunden täglich bis zu 60 Kinder (von 3 bis 16 Jahre) auf dem Spielplatz versammelt hat, um vor allem rumänische und Roma-Kinderlieder mit Gitarrenbegleitung zu singen. Diese zwei Stunden sind für alle Kinder eine willkommene Abwechslung und der Höhepunkt des Tages. Es ist erstaunlich, wie Pfarrer Rednic und sein Gitarre spielender Helfer dieser Kinderschar Disziplin und Ordnung beigebracht hat (es liegt kein Müll herum). Zwischendurch gibt es Süßigkeiten oder Obst und immer auch ein Gebet.

Auch 2019 konnten wir wieder mit den verschiedensten Spendengütern in Cojocna helfen. Die ersten Räume im neuen Sozialzentrum sind inzwischen nutzbar. So hat Pfarrer Rednic im Oktober einen Gesundheitsberatungstag für die arme Bevölkerung der Siedlung organisiert und in den Räumen des Zentrums durchgeführt.